Eva Eyholzer

Helden der Nacht

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Wenn die letzten Skifahrer sicher im Tal sind, öffnet sich der Vorhang für die Helden der Nacht. Gegen fünf Uhr abends steigen die fleissigen Männer und Frauen in ihre Pistenraupen und schuften bis in die frühen Morgenstunden für perfekt präparierte Pisten.Jeden Abend kurz vor 17 Uhr steigt vor den Garagen der Aletsch Bahnen auf der Rieder-, Bettmer- und Fiescheralp das grosse Spektakel. Ehrfürchtig beobachtet von Kinder- und Erwachsenenaugen, steigen die Pistenfahrzeugfahrer in ihre beeindruckend grossen Maschinen, ziehen danach die Hänge herauf und sorgen während der nächsten acht Stunden dafür, dass die Pisten am anderen Morgen wieder perfekt präpariert sind.

«Helden der Nacht» werden die Männer mit der typischen Cap und der darauf sitzenden Sonnenbrille mit Spiegelglas auch schweizweit genannt, als «Grooming Crew Aletsch Arena» bezeichnet sich die verschworene Gemeinschaft der 21 Fahrer, deren Chef Marco Käser von der Bettmeralp ist. Seit elf Jahren präpariert der gebürtige Aargauer aus Schinznach die Pisten in der Aletsch Arena. Immer mit Leidenschaft, und immer mit der gleichen Begeisterung wie an seinem ersten Arbeitstag. «Es ist mir eine Ehre, meinen absoluten Traumjob, ausüben zu dürfen», sagt Käser.

 

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Marco Käser - Chef der Grooming Crew Aletsch Arena – bei der Arbeit

 

Der gelernte Automechaniker wurde als kleiner Bub in den Skiferien auf der Fiescheralp mit dem «Pistenbully-Virus» infiziert. «Als die mächtigen Fahrzeuge beim Eindunkeln die steilen Pisten hinauffuhren, schlug schon damals mein Herz höher. Dieses Gefühl habe ich heute noch immer», erzählt Käser. Nach seiner Berufslehre und nach Abschluss der Rekrutenschule bewarb sich Marco Käser 2012 bei den damaligen Bettmeralp Bahnen und wurde sofort als Fahrer engagiert. «Der Führerausweis der Kategorie B ab 18 Jahren, technisches Verständnis und die Bereitschaft, während der Nacht zu arbeiten, sind für die Ausübung des Berufs Voraussetzung», sagt er.

Eine Pistenraupen-Fahrschule gibt es nicht. Fahrzeugführer brauchen aber einen Ausbildungsnachweis von einem Kurs von Seilbahnen Schweiz , der mit einer praktischen, schriftlichen und mündlichen Prüfung erlangt werden kann.

 

Ein Arbeitstag zwischen Pistencheck und Wunschkonzert

Marco Käsers Arbeitstag beginnt nachmittags um 15 Uhr. Dann telefoniert er mit Liftangestellten und Patrouilleuren, lässt sich über Zustand und Besonderheiten der Pisten informieren und bereitet die Arbeitsplanung der Nacht vor. Während fünf Tagen präpariert ein Fahrer jeweils die gleichen Pisten, danach wird gewechselt. 500 000 Franken kostet eine Pistenraupe der Marke Prinoth oder Pistenbully. Nach 8000 Stunden werden die Fahrzeuge durch neue ersetzt. Mittlerweile sind die Pistenraupen mit SNOWsat, einem GPS-Gerät, ausgerüstet, das die Schneehöhe misst. «Das hilft bei geringen Schneemengen enorm», erklärt Käser. Eine Flasche Mineralwasser und eine Packung Gummibärchen begleiten ihn auf jeder Fahrt. Einsam fühle er sich in seiner geheizten Kabine nie, sagt er. Übers Handy oder über Funk habe er mit Crew-Kollegen Kontakt, eine Spotify-Playlist sorge für Unterhaltung. Und immer mittwochs zwischen 20 und 22 Uhr wird das Lokalradio RRO eingeschaltet. «Dann läuft das Wunschkonzert», erzählt Käser. «Es ist Tradition, dass wir Fahrer uns gegenseitig grüssen.»

 

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Pistenbully im Sonnenuntergang vor der Aletsch Arena

 

Irgendwann zwischen ein und drei Uhr in der Nacht sind die Pisten perfekt präpariert, die Fahrzeuge geputzt und versorgt. «Manchmal essen wir dann noch zusammen etwas», erzählt er. Die Nachtruhe ist kurz, um neun Uhr morgens steht Marco Käser bereits am Lift. «Ich muss unsere Arbeit begutachten. Das geht nur mit Ski an den Füssen.»

Eva Eyholzer

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